Home  Gitarrenbau  Bildergalerie

Gitarrenbau auf Formentera 2003 - Tagebuch

Der sechste Tag

Freitag, 12.09.2003
Stehe um halb zehn auf und frühstücke anschließend in der Fonda. Bei Ekki angekommen, waren die Hälse bereits aus der Spannvorrichtung befreit worden. Der Kleber scheint Probleme zu machen und scheint nicht überall ausgehärtet zu sein. Wir geben ihm noch etwas Zeit. Ich säge zunächst links und rechts den Griffbrettüberstand auf der Bandsäge ab. Dann zeichne ich erneut auf einem Streifen Kreppband die Mittellinie des Griffbretts an und hole mir von einer gestern seitlich angebrachten Markierung die Lage der Halsverstellschraube wieder auf die Griffbrettoberseite. Mit Hilfe einer Schablone fräse ich ein 6mm breites Langloch über der Halsverstellschraube in das Griffbrett. Dieses Fenster wird mit einer Passfeder aus schwarzem Phenol verschlossen, in die ein M3-Gewinde geschnitten wird, damit man diese später mit Hilfe einer Schraube auch wieder entfernen kann.
Halb drei, Pause! Habe heute keinen Bock auf Strand sondern hole eine Stunde Schlaf im Hostal nach, lese ein wenig und gehe anschließend bummeln und einkaufen.
Um viertel nach sechs zurück in der Werkstatt der erste Verdacht: Ekki hat anscheinend gestern beim Anrühren des 2-Komponentenklebers nicht die richtige Mischung erwischt! Der Kleber hat immer noch nicht so richtig angezogen. Hm, nochmals ein wenig warten . . .
Wir machen erst einmal Theorie. Alle vor die Tafel. Ekki erklärt, wie der Radius auf das Griffbrett gebracht wird und wie die Bünde in die zu sägenden Bundschlitze eingesetzt werden. Wir lauschen einem Vortrag zur Intervallkunde und Ekki gibt weitere Hinweise zu tonalen Aspekten und zur temperierten Stimmung. Dann schleift er einen 1A-Compound-Radius auf alle Griffbretter, bei mir R10" auf R15", nochmals Respekt!
Anschließend spanne ich meinen Hals in eine Bundschlitzsägevorrichtung (PRS: 25"/635mm-Mensur). Das ist quasi ein U-Profil, in dem mittig der Hals liegt und in der seitliche Nuten, bzw. Schlitze entsprechend der Bundabstände gefräst sind, die zum Führen der Bundsäge dienen.
 
Mit dieser Bundsäge (keine geschränkten Zähne, das ergäbe keine saubere Nut) säge ich nun 22 Bünde plus 1 Sägestrich für die Lage des Sattels in das Ebenholzgriffbrett. Das Sägeblatt setzt sich naturgemäß schnell zu, Wachs wirkt da Wunder. Trotzdem: Ebenholz ist sch...hart (soll ja auch so sein)! Ich lasse mich aber nicht entmutigen und scheine nach einer knappen halben Stunde den inoffiziellen Formentera-Rekord im Bundschlitze-Sägen gebrochen zu haben. Ekki sagt, so schnell hätte es noch keiner geschafft (*stolze-Brust-schwell*). Jetzt kommt's aber: Leider bemerkte ich beim Sägen des 2., 1. und 0. Bundes, daß sich das Griffbrett immer schwammiger verhielt. Ich zeige dies Ekki beim Sägen des 0. Bundes und uns beiden wird klar, daß - wie auch leider bei anderen 4 Kollegen - der 2-Komponentenkleber versagt hat.
Die Entscheidung steht schnell fest: Das Griffbrett muß runter, so macht's keinen Sinn! Erstmal werden - um die Lage beim erneuten Kleben wiederzufinden - an beiden Griffbrettenden zwei Ø2mm Bohrungen angebracht. Die eine am Sattel (das Stück kommt eh' weg), die andere irgendwo im Nirwhana in Höhe des 25 Bundes (kommt auch weg). Danach wird das Griffbrett gaaaaanz vorsichtig mit Stechbeitel und Messer vom Hals geschält, penibel gesäubert und erneut verklebt und verdübelt. Diesmal mit der hoffentlich richtigen Klebermischung! Wir werden es morgen sehen.
Weil ich dann erstmal nix zu tun habe, helfe ich den anderen. Volker müht sich an seinem Palisander-Griffbrett rum, flucht und bietet mir eine Flasche San Miguel pro gesägtem Bundschlitz an! Sowas kann man nicht ausschlagen, oder? Erfolgreich wende ich mein zuvor entdecktes Talent an. Nach dem sechsten oder siebtem Schlitz reicht's mir dann und ich hör auf, bevor ich noch was versaue ;-). Ich mach ein wenig Musik.

Was hab' ich eigentlich abends gemacht??? Hab's weder notiert, noch kann ich mich irgendwie dran erinnern. Muß lustig und spät geworden sein . . . weia!